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Presseecho vom 29.12.2003

Das Schöne an den Gläsern

Von Flaschen, Kelchen und Karaffen: Band 2 zur Zeitmaschine Lausitz



Von Klaus Trende

Die Editionsreihe "Zeitmaschine Lausitz" widmet sich im zweiten von zehn Bänden der Glasindustrie in der Lausitz des 19. Und 20. Jahrhunderts. Mit diesem Buch hat das Autorenteam Elke Domke, Walter Scheiffele, Helmut Hannes ein ebenso anregendes wie hervorragend recherchiertes Material zur Industriekultur der Region vorgelegt.

Die Kollektion zur Zeitmaschine Lausitz, herausgegeben von der Internationalen Bauausstellung Fürst-Pückler-Land (IBA), beabsichtigt ein Kompendium, einen Überblick zu wichtigen Phasen der Industrie-, Kultur- und Sozialgeschichte zwischen Elbe und Oder zu liefern.

Mit diesem Teil 2 ist das auf eindrucksvolle Weise gelungen. Die Buchreihe begleitet die von der IBA inszenierte Ausstellung in Großräschen 2003 / 2004. Es geht vorwiegend um das 20. Jahrhundert, dessen Prägungen für die Lausitzer Landschaft sowohl im technischen Standard der Produktivkräfte als auch in den sozialen und kulturellen Wirkungen derselben bedeutsam sind. Die Lausitz zählte in diesem Zeitraum zu Deutschlands renommiertesten Standorten der Glasindustrie.

Klug ausgewählt, überzeugend dargestellt, sachlich und konzentriert auf die wesentlichen Linien der Produktions- und Produktgeschichte orientiert, und dann noch ein trefflich korrespondierender Bildteil – das ist die Ernte von 148 Seiten. Und wer meint, Industriegeschichte sei nur in tauben Daten oder langweiligen Wiedergaben von Fachlexika oder Werbebroschüren zu schreiben, der wird hier vom Gegenteil belehrt.

Präzise und wertfrei schildert Elke Domke die Zeitläufe des Glases in der Lausitz. Von notwendigen historischen Sachverhalten seit der Zeitrechnung über die ersten Glashütten bis zum Aufschwung der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts und die großen Entwicklungen im 20. Jahrhundert reicht der Radius. Ein nützlicher Anmerkungsteil und fotografisch bestens dargestellte Fotoreihen der Gebrauchsgläser komplettieren den Überblick.

Das Autorenteam ist souverän im geschichtlichen Stoff. Walter Scheiffele beleuchtet den Zusammenhang von Kunst und Kommerz, beschreibt, wie Luxus durch "neuzeitliche Formen" bedrängt wurde, welchen Veränderungen das Glasdekor unterworfen war, wie über die Grenzen hinaus geschaut wurde und was zum Industriedesign der Moderne führte. In einem interessanten und kenntnisreichen Aufsatz erinnert der Autor sodann an Friedrich Bundtzens Werkstatt für Glasgestaltung und seine Bedeutung für die Lausitz. Weißwasser wird zu einem Begriff. In diesem Kontext bietet der Briefwechsel zwischen Wilhelm Wagenfeld und Friedrich Bundtzen (Anhang) aufschlussreiche Informationen zur ostdeutschen Glasindustrie zwischen 1949 und 1964. Der Fototeil zu den Weißwasseraner "Arsall"-Gläsern verzichtet leider auf Datierungen der Objekte, schade, aber nur ein kleines Versäumnis.

Der Technologie des Pressens als einer Möglichkeit des Glasformens widmet sich Helmut Hannes. Tradition, industrielle Voraussetzungen beim Maschinenpark, innovative Möglichkeiten für die Fertigung von Alltagsgegenständen werden einleuchtend und übersichtlich skizziert. Auch die Rolle der Leipziger Messe für die Lausitzer Glasproduktion, der internationale Austausch und das Drängen der Lausitzer Glasmacher, Neues auf den Markt zu bringen, werden beispielhaft referiert. Richard Süßmuth steht dafür als einer der prominentesten Namen der 20er und 30er Jahre. Die Fotoserie illustriert gekonnt die Schönheit des Glases und die handwerkliche Meisterschaft der Lausitzer Glasmacher. Dieses Buch gehört zu den maßgeblichen, wenn es darum geht, die Technikkultur der Region über entscheidende Jahrhunderte in ihrer Entwicklung zu erfassen und deren menschliches Vermögen zu würdigen.

Domke/Hannes/Scheiffele: Zeitmaschine Lausitz, Lausitzer Glas, Verlagsgruppe Husum, 148 S., illustriert, 25 Euro.

Quelle: Lausitzer Rundschau

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letzte Änderungen: 13.3.2017 22:12