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Projekt 21: Grosssiedlung Sachsendorf-Madlow

Neues Leben in alter Platte

Am Stadtrand von Cottbus steht mit Sachsendorf-Madlow die größte Platten-bausiedlung Brandenburgs. Innerhalb weniger Jahre für die benötigten Arbeiter der Braunkohle- und Energieindustrie errichtet, verließen nach der Wende 50 Prozent der Bewohner die Siedlung. Schnell entwickelte sich eine Abwärtsspirale aus Leerstand, Verwahrlosung, Imageverlust und weiterer Abwanderung. Im Rahmen eines modellhaften Stadtumbauprozesses wurde dieser Entwicklung entgegengesteuert. Heute hat sich die Siedlung stabilisiert.

AUSGANGSSITUATION

Der aus politischen Gründen forcierte, flächendeckende Braunkohleabbau in der DDR und in der Lausitz hatte einen enormen Zuwachs an Arbeitskräften in der Region und insbesondere in der einstigen Hauptstadt des »Energiebezirks« Cottbus zur Folge. Die Tagebaue und Kraftwerke der Umgebung wurden neuer Arbeitsort für Zehntausende Menschen, die in der Nähe des Arbeitsplatzes natürlich auch Wohnungen brauchten. Im Südwesten von Cottbus entstand daher zwischen 1976 und 1986 die Großwohnsiedlung Sachsendorf-Madlow in Plattenbauweise. Innerhalb dieser zehn Jahre wurden fast 12.000 Wohnungen für rund 30.000 Berg- und Energiearbeiter und ihre Familien errichtet.

Doch mit der politischen Wende änderten sich diese Rahmenbedingungen: Die meisten Braunkohlegruben mussten aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen nach der politischen Wende geschlossen werden, rund 90.000 Arbeitsplätze gingen verloren. Gerade die Kinder und Enkel jener Menschen, die wegen der Arbeitsplätze »in der Braunkohle« in die Region gezogen waren, verlassen diese nun, weil es andernorts mehr Arbeitsplätze gibt. Wer in der Region blieb und es sich leisten konnte, hatte nun auf dem Wohnungsmarkt Wahlmöglichkeiten – und entschied sich häufig für ein Eigenheim im Umland. Durch Abwanderung, Suburbanisierung und demografischen Wandel verlor Cottbus seit der Wende insgesamt über 40.000 und damit ein Drittel seiner Einwohner. In Sachsendorf-Madlow ging die Einwohnerzahl sogar um mehr als die Hälfte zurück. Fast jede dritte Wohnung im Stadtteil stand leer.

Die vielen Wegzüge – gerade auch der besser gestellten und ausgebildeten Teile der Bevölkerung – erschwerten die Herausbildung oder Beibehaltung funktionierender Nachbarschaften. Zusätzlich destabilisierend wirkte die hohe Arbeitslosigkeit im Stadtteil. So stand das Viertel vor vielen Herausforderungen, als es schließlich 1999 in das Bund-Länder-Programm »Soziale Stadt« aufgenommen wurde.

PROJEKTVERLAUF

Seit 2000 unterstützt die IBA die Stadt Cottbus bei ihren Arbeiten zur Stabilisierung und zum Umbau von Sachsendorf-Madlow. In diesem Jahr legte die Stadt das Viertel förmlich als Sanierungsgebiet fest und definierte eine Doppelstrategie des Rückbaus bei gleichzeitiger Aufwertung. 15 verschiedene Teilprojekte wurden und werden seither im Sanierungsgebiet in Zusammenarbeit mit dem Landesministerium für Infrastruktur und Raumordnung, der Stadt Cottbus und den Wohnungsgesellschaften umgesetzt. Mit diesen Vorhaben nahm Cottbus auch als eine der ersten ostdeutschen Städte am »Stadtumbau«-Programm des Bundes teil.
Die Arbeit der IBA bestand insbesondere darin, ausgewählte Modellprojekte zu präsentieren und zu vermitteln. Besucher können seit 2002 den Stadtumbau in Sachsendorf-Madlow auf dem »IBA-Stadtpfad« mit seinen Stelen oder im Internet verfolgen: Auf der Seite www.iba-stadtpfad.de besteht die Möglichkeit, durch das gesamte Umbaugebiet zu navigieren.

Zu Modellprojekten gehört ein gelungenes Architekturexperiment an der Theodor-Storm-Straße: Ein elfgeschossiges Wohnhaus mit 54 Wohnungen stand zu rund einem Drittel leer. Man entschied sich für den Abriss des Plattenbaus und »Recycling« der einzelnen Betonplatten nach einem Entwurf des Cottbuser Architekturbüros Zimmermann & Partner. Schrittweise wurde das Gebäude demontiert und die Einzelmodule zu fünf zwei- bis dreigeschossigen Stadtvillen mit 13 Wohnungen neu zusammengesetzt. Während im Stadtteil nach wie vor viele Wohnungen leer stehen, sind die neuen Wohnungen alle belegt. Das Projekt beweist also, dass die Nachnutzung von Bauelementen wirtschaftlich sinnvoll sein kann und dass auch in schrumpfenden Stadtteilen im Einzelfall eine Trendumkehr möglich ist – wenn die gestalterische und Nutzungsqualität von Architektur und Freiraum stimmt.

Im Quartier Turower Straße erfolgte ein modellhafter Quartierumbau mit Modernisierung, Teilrückbau und Wohnumfeldverbesserung: Eine alte Kita wurde in ein Nachbarschaftszentrum für die Stadtbewohner umgebaut. Im Grünzug Priorgraben verbinden neue Fuß- und Radwege Sachsendorf-Madlow mit dem Landschaftsraum im Osten und Westen sowie dem Cottbuser Stadtzentrum, dazu gehört auch die neue Brücke am Priorgraben.

Als erste Großprojekte im öffentlichen Raum wurden der neue Freizeitpark am Wasserturm, die Sportanlage Hegelstraße und der Stadtplatz mit dem neuen Sachsendorfer Wahrzeichen »Zelt« realisiert. Zusätzlich wurde der Boulevard Gelsenkirchener Allee durch Begrünung und Stadtmöbel aufgewertet.
Ein anderes Teilprojekt befindet sich im Bereich Hegelstraße, in unmittelbarer Nähe zur Autobahn. Das Gebiet gehörte aufgrund hoher Bebauungsdichte, ungenügender Wohnumfeldqualität und peripherer Lage zu den deutlich benachteiligten Bereichen innerhalb von Sachsendorf-Madlow. Der Wohnungsleerstand war hier so groß, dass rund 1000 Wohnungen »vom Markt genommen« – also abgerissen – wurden. Um die Staubbelastung durch die entstandenen Brachflächen für die Anwohner niedrig zu halten, entschloss man sich hier zu einer Aufwertung durch Zwischenbegrünung und bezog 2004 die Anwohner in eine Pflanzaktionen mit ein.

2007 führte die IBA zusammen mit dem Landkreis Spree-Neiße einen internationalen Architekturwettbewerb für den Umbau des Pückler-Gymnasiums an der Hegelstraße durch, den das Hamburger Büro pmp Architekten Padberg & Partner gewann. Mit der geplanten Zusammenlegung dreier Gymnasien unter dem Dach des Landkreises Spree-Neiße sollte die Schule das größte Gymnasium in Brandenburg werden.

AUSBLICK

Ein Großteil der Stadtumbaumaßnahmen in Sachsendorf-Madlow wurde umgesetzt oder auf den Weg gebracht. Anstelle der Zwischenlösung durch Begrünung der Brachflächen an der Hegelstraße sollen Gewerbeflächen entstehen. Ein entsprechender Bebauungsplan wird erstellt. Am Boulevard in der Gelsenkirchener Allee wird zudem das soziokulturelle Zentrum »Bunte Welt« im Modellvorhaben »Initiative ergreifen« des Bundes gefördert. Nicht realisiert wird hingegen der Umbau des Pückler-Gymnasiums, da eine der drei Schulen doch nicht geschlossen wird, wie zunächst vorgesehen. Somit entfiel die Grundlage für den geplanten Umbau.

Flyer zum Download: Stadtpfad Cottbus Sachsendorf-Malow (747.9 KB)

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letzte Änderungen: 26.1.2017 13:13